Musikdatenbank
Musiker
Polo Hofer

geboren am 16.3.1945 in Interlaken, BE, Schweiz
gestorben am 22.7.2017 in Oberhofen am Thunersee, BE, Schweiz
Polo Hofer
Polo Hofer (eigentlich Urs Alfred Hofer; * 16. März 1945 in Interlaken; † 22. Juli 2017 in Oberhofen am Thunersee)[1] war ein Schweizer Mundartrock-Sänger. Er trug in den 1970er- und 1980er-Jahren im Zuge einer Schweizer Mundartwelle als Pionier wesentlich zur Popularisierung schweizerdeutsch gesungener Rock- und Popmusik bei. Nach seinem Tod wurde er daher als «legendäres Nationalheiligtum»[2] bezeichnet und erhielt bereits zu Lebzeiten den Übernamen «Polo National».[3]
Musikalische Karriere
1961 begann Hofer eine vierjährige Lehre als Handlithograf. Im selben Jahr gründete er hobbymässig die Popgruppe The Jetmen als Schlagzeuger und Leadsänger. 1967 wurde er beim schweizerischen Rhythm’n’Blues-Festival zum besten Sänger erkoren.
Im Sommer 1971 gründete er mit Hanery Amman, Schifer Schafer (spielte auch bei Stiller Has) und Sämi Jungen die Mundart-Band Rumpelstilz. 1973 veröffentlichten sie ihre erste Single, Warehuus-Blues, zwei Jahre später ihre erste LP, Vogelfuetter. Mit Rumpelstilz brachte er 1976 auf Berndeutsch unter anderem die beiden Hits Kiosk und Teddybär heraus. 1977 erschien die Doppel-LP Fätze u Bitze…. Nach der Trennung von Rumpelstilz gründete er Polo’s Schmetterding zusammen mit Span und Marianna Polistena, mit denen er insgesamt vier Alben veröffentlichte. 1989 kamen die Rumpelstilz in Original-Besetzung für ein kurzes Comeback zusammen und spielten das Album Live im Anker ein.
1984 gründete er die SchmetterBand, mit der er bis Januar 2003 unterwegs war. Das Abschiedskonzert wurde dokumentiert auf der DVD AbXang & Usklang von Mirjam von Arx. 2004 tourte er mit der Band The Alpinistos und gab ein Konzert zur Einweihung des neu gestalteten Berner Bundesplatzes mit Hanery Amman, Michel Poffet, Andi Pupato und Hank Shizzoe. Dieses Konzert war auf DVD erhältlich (inzwischen vergriffen). Ausserdem veröffentlichte er drei englischsprachige Alben mit Swiss Blues Authority[4] und das Album Buebetröim mit dem Swiss Jazz Orchestra.
Im Frühjahr 2005 wurde zu seinem 60. Geburtstag die Biografie POLO von Samuel Mumenthaler veröffentlicht. Darin erzählen Freunde, Weggefährten und er selber über sein Leben. Am 7. Oktober 2006 wurde Alperose vom Schweizer Fernsehpublikum zum grössten Schweizer Hit aller Zeiten gewählt.
2007 erschien das Album Duette 1997–2007 mit 19 Duetten, etwa mit Endo Anaconda, Philipp Fankhauser, Gölä, Büne Huber, Dodo Hug oder Sina. 2009 erschien Hofers erstes Solo-Album Prototyp. Es entstand in rund vierjähriger Zusammenarbeit mit dreissig Musikern und Sängerinnen und landete direkt auf Platz 1 in der Schweizer Hitparade.
Sein Song Manne, mir blybe dranne ist der offizielle Schweizer Fansong der Fussball-Weltmeisterschaft 2010. Alle Alben sind immer noch auf dem Markt. Bisher wurden rund 1,42 Millionen Tonträger verkauft (Stand: 1. Mai 2011).
Im März 2010 erschien das Buch Das alles u no vil meh mit sämtlichen bisherigen Liedertexten von Polo Hofer. Im Februar 2012 wurde das Musical Alperose in Bern aufgeführt; für 2013 war eine Reprise geplant.
Auszeichnungen und Ehrungen
- 1995: Prix Walo (Kategorie: Rock)
- 2002: Prix Walo (Kategorie Pop & Rock)
- 2007: Hofer und Hanery Amman werden vom Gemeinderat Interlaken mit dem «Goldenen Schlüssel» geehrt.
- 2007: Hofers Schaffen wird in der Sonderausstellung Jungfrau, Hofer & Ragusa im Historischen Museum Bern gewürdigt.
- 2008: Hofer erhält den Musikpreis 2008 des Kantons Bern.[5]
- 2009: Das frühere «Flückmätteli» in Interlaken wird auf den Namen «Amman-Hofer-Platz» umbenannt.
- 2011: Swiss Music Awards: Lebenswerk wird ausgezeichnet
- 2015: Schweizer des Jahres[6]
Weitere Tätigkeiten
Polo Hofer war auch Perkussionist, Maler, Dichter, Veranstalter und Schauspieler. Er verfasste mit Der Rock, der Roll & überhaupt einen Gedichtband und spielte Hauptrollen in den Filmen Das Schweigen der Männer und Die Vogelpredigt oder Das Schreien der Mönche von Clemens Klopfenstein sowie die Rolle des Herrn Aschwanden in Die Nagelprobe von Luke Gasser. Ausserdem setzte er sich für die Legalisierung des Cannabiskonsums in der Schweiz ein. Von März 2008 bis Juli 2011 gestaltete er jeden Sonntag von 21 bis 22 Uhr auf DRS 3 eine eigene Radiosendung (Pop, Perlen und Polo), in welcher er seine Lieblingsmusik vorstellte; sie ist auch als Podcast verfügbar.[7]
Persönliches
Im Alter von 21 Jahren heirate Polo zum ersten Mal. Er adoptierte den Sohn Oliver, den seine Frau Trudi mit in die Ehe brachte. 1996 starb seine langjährige Partnerin Isabelle Hediger im Alter von 36 Jahren an Krebs. Mit seiner zweiten Ehefrau Alice, die er 1997 kennen lernte und 2004 heiratete, wohnte er in Oberhofen am Thunersee.[8] Den Übernamen «Polo» erhielt er als Pfadfinder von Hugo Ramseyer, dem Gründer des Zytglogge Verlags, weil Polos Eltern im «Maison Hofer»-Modegeschäft in Interlaken Polohemden anboten, was damals etwas Neues war.
2007 musste sich der Sänger ein bösartiges Karzinom am rechten Stimmband entfernen lassen.[9]
Er starb am 22. Juli 2017 im Alter von 72 Jahren nach einer Lungenkrebserkrankung zu Hause in Oberhofen am Thunersee.[1][10]
Diskografie
Polo’s Pop Tales
- 1968: Polo’s Pop Tales
Mit Drum Circus
- 1971: Magic Theatre (erschienen 2003)
Mit Rumpelstilz
- 1975: Vogelfuetter
- 1976: Füüf Narre im Charre
- 1977: La Dolce Vita
- 1978: Fätze u Bitze vo geschter u jitze
- 1989: Live im Anker
- 1991: Musig wos bringt (Best-of-Sampler)
Mit Polos SchmetterDing
- 1978: Polo Hofer SchmetterDing
- 1979: Tip-Topi Type
- 1981: Enorm in Form
- 1982: Papper-La-Papp
- 1988: 12 Schmetter-Hits (Best-of-Sampler)
Mit der SchmetterBand (bis 2004)
Jahr | Titel[11] | Charts CH | Anmerkungen |
---|---|---|---|
1984 | Polovinyl | 16 | |
1985 | Giggerig | 2 | Erstveröffentlichung: 27. Oktober 1985 |
1986 | Im Wilde Weste | 10 | Erstveröffentlichung: 14. Dezember 1986 |
1988 | Rütmus, Bluus + schnälli Schue! | 1 | Erstveröffentlichung: 12. Juni 1988 |
1990 | Eden | 1 | Erstveröffentlichung: 7. Oktober 1990 |
1991 | 15 starke Songs plus 3 | 12 | Best-of-CD Charteintritt: 30. Juli 2017 |
1991 | Bluesiana | Video | |
1992 | Travailler c’est trop dur | 1 | Erstveröffentlichung: 6. September 1992 |
1993 | Live | 6 | Live-Album Erstveröffentlichung: 5. Dezember 1993 |
1994 | Welcome i dr Sonderbar | 1 | Erstveröffentlichung: 13. November 1994 |
1995 | 1987–1994. Weitere 15 starke Songs | 20 | Best-of-CD Erstveröffentlichung: 22. Oktober 1995 |
1997 | Über alli Bärge | 1 | Erstveröffentlichung: 14. September 1997 |
2000 | Härzbluet | 1 | Erstveröffentlichung: 16. Januar 2000 |
2002 | Xangischxung | 2 | Erstveröffentlichung: 2. Juni 2002 |
2003 | AbXang & UsKlang | Video | |
2004 | Silber, Gold & Perle | 1 | Best-of-CD Erstveröffentlichung: 5. September 2004 |
2009 | Special Edition DVD | Trilogie: Bluesiana, AbXang, UsKlang Erstveröffentlichung: 2009 |
Seit 2004 mit diversen Musikern
Sonstige Veröffentlichungen
- Weisch du no? feat. Knackeboul (2013) (Kompilationsbeitrag Bock uf Rock Vol. 6)[12]
Spielfilm
- Das Schweigen der Männer (CH 1997), (Produktion, Regie, Buch, Kamera, Schnitt): Clemens Klopfenstein[13]
Dokumentarfilm
- Hanspeter Bäni: Polo Hofer – Rhythmus, Rausch und Rampenlicht. Video in: DOK, SRF 1 vom 20. November 2014 (50 Minuten)
Bücher
- Der Rock, der Roll + überhaupt. Poems. Limmat, Zürich 1997, ISBN 3-85791-284-7.
- Polosofie Vol. I. Gestammelte Werke und Afforismen. Firma-La-Douce, Bern 2004, ISBN 3-9522915-0-1.
- Polosofie Vol. II. Firma-La-Douce, Bern 2005, ISBN 3-9522915-2-8.
- Polosofie Vol. III. Firma-La-Douce, Bern 2006, ISBN 3-9522915-3-6.
- Das alles u no vil meh. Songtexte 1973–2009. Zytglogge, Oberhofen 2010, ISBN 978-3-7296-0803-0.
Literatur
- Orlando Geremia: Ross’n’Roll. Mit Polo Hofer auf grosser Tour durch die kleine Schweiz. elfundzehn, Eglisau 2014, ISBN 978-3-905769-36-4.
- Walter Haas: Zeitgenössische Mundartliteratur der deutschen Schweiz. Ein theoretischer und geschichtlicher Überblick. In: Michigan Germanic Studies 6 (1980), S. 58–119.
- Thomas Küng: Rhythmus & Rausch. Polo Hofers langer Weg. Bugra Suisse, Bern 1988, ISBN 3-7170-0125-5.
- Samuel Mumenthaler: Polo. Eine Oral History. Editions Plus Sàrl, Zürich 2005, ISBN 3-909676-16-2.
- Samuel Mumenthaler: 50 Jahre Berner Rock. Vorwort von Polo Hofer. Zytglogge, Oberhofen 2009, ISBN 978-3-7296-0796-5.
Quellen
- ↑ a b «Tschou zäme, es isch schön gsy!». In: Tages-Anzeiger.ch vom 24. Juli 2017.
- ↑ Abschied von Polo National: Zum Tod des Ur-Mundartrockers, Artikel auf der Website von Radio SRF 3 vom 24. Juli 2017
- ↑ Mit Polo National verliert die Schweiz ihren grössten Volkssänger – eine Würdigung, Artikel der Schweizer Illustrierten vom 25. Juli 2017
- ↑ hitparade.ch: SWISS BLUES AUTHORITY FEAT. POLO HOFER – KIND OF BLUE (ALBUM)
- ↑ nachrichten.ch: Polo Hofer erhält den Musikpreis des Kantons Bern, 10. Oktober 2008
- ↑ Artikel in der NZZ zur Verleihung des Titels «Schweizer des Jahres 2015»
- ↑ Schweizer Radio DRS: Podcasts Pop, Perlen und Polo
- ↑ Jungfrauzeitung
- ↑ Polo Hofer: Tumor am Stimmband. Jungfrau Zeitung, abgerufen am 13. Oktober 2012.
- ↑ srf/kors; hesa: SRF News: Mundartlegende gestorben – Polo Hofer ist tot. 24. Juli 2017, abgerufen am 24. Juli 2017.
- ↑ Auszeichnungen für Musikverkäufe: CH
- ↑ BOCK UF ROCK Eine sechste Bock uf Rock zum runden Geburtstag. In: trespass.ch. 28. August 2013. Abgerufen am 19. Oktober 2013.
- ↑ Das Schweigen der Männer, auf der Website von SRF, abgerufen am 4. März 2018
Weblinks
- Literatur von und über Polo Hofer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Website von Polo Hofer
- Tschou zäme, es isch schön gsy! (dt.: Auf Wiedersehen, alle miteinander (zusammen), es ist schön gewesen!), Nachruf für Polo Hofer, SRF, 24. Juli 2017.
- Eric Facon: Zum Tod von Polo Hofer: «Gopfriedstutz e Kiosk!» In: Neue Zürcher Zeitung vom 24. Juli 2017.
- Tschou Polo – Erinnerungen an Polo Hofer. Video in: SRF 1 vom 25. Juli 2017 (99 Minuten).
2002: Beat Richner | 2003: Roger Federer | 2004: Lotti Latrous | 2005: Peter Sauber | 2006: Köbi Kuhn | 2007: Jörg Abderhalden | 2008: Eveline Widmer-Schlumpf | 2009: René Prêtre | 2010: Marianne Kaufmann und Rolf Maibach | 2011: Didier Cuche | 2012: Dario Cologna | 2013: Stan Wawrinka | 2014: Didier Burkhalter | 2015: Polo Hofer
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