Johannes Ockeghem

geboren 1410 in Saint-Ghislain, Wallonie, Belgien

gestorben am 6.2.1497 in Tours, Indre-et-Loire, Frankreich

Johannes Ockeghem

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Johannes Ockeghem (* etwa zwischen 1410 und 1430 in Saint-Ghislain (Hennegau); 6. Februar 1497 in Tours; auch: Ockenhem, Ockengem und Ockenghem) war ein flämischer Komponist, Sänger und Kleriker.

Leben

Über Ockeghems Jugend ist bislang nichts bekannt. Vom 24. Juni 1443 bis zum 24. Juni 1444 sang er unter Jean Pullois an der Liebfrauenkirche in Antwerpen. Er war zu dieser Zeit weder Priester noch Kaplan und nahm nur unregelmäßig an den Aufführungen teil. Von 1446 bis 1448 ist er in der Kapelle des zu Moulins residierenden Herzog Karls I. von Bourbon nachweisbar.

Wahrscheinlich am 1. Oktober 1451 wurde Ockeghem Sänger am Hof des französischen Königs Karl VII. Die hohe Wertschätzung, die ihm der König angedeihen ließ, ist an der Verleihung der Würde des Schatzmeisters der Kirche Saint-Martin in Tours kenntlich. An dieser für die Musik des 15. Jahrhunderts zentralen Kirche Frankreichs wirkte in den frühen 1460er Jahren z. B. Antoine Busnoys. Zwischen 1456 und 1459 trat Ockeghem sein neues Amt an.

Als Ockeghem sich am 17. November 1459 dem Kapitel vorstellte, weigerte es sich, ihn in seinem Amt zu bestätigen. Ockeghem musste vor Gericht klagen. Als Schatzmeister bezog er bedeutende Einkünfte; er hatte Anspruch auf eine herrschaftliche Wohnung und durfte Steuern erheben. Das Haus des Miniaturmalers Jean Fouquet befand sich in seinem Eigentum. Üblicherweise war die Wahrnehmung des Amtes mit Residenzpflicht verbunden; davon hat ihn Karl VII. jedoch entbunden. Ockeghem hielt sich also wenigstens seit Mai 1461 vorwiegend am Königshof auf.

Unter König Ludwig XI. wurde Ockeghem im August 1463 Kanoniker an Notre-Dame in Paris. Weil er hier der Residenzpflicht nicht nachkommen konnte, tauschte er am 22. August 1470 dieses Kanonikat gegen eines an Saint-Benoit in Paris. Etwa 1466 kam ein weiteres Benefizium hinzu. Die fälligen Gebühren zahlte für ihn Johannes Pullois in Rom. Um Ockeghem die Annahme dieser Präbende zu ermöglichen, hatte der König den Papst um eine Sondergenehmigung gebeten.

Ockeghem ist Ludwig XI. auch als Diplomat nützlich gewesen. 1462 führten ihn Reisen nach Cambrai und Bourges. Vom 20. Februar bis 5. März 1464 war er Gast von Guillaume Dufay in Cambrai, wo er wahrscheinlich die Priesterweihe erhielt. Vom 28. Dezember 1466 bis zum 20. Februar 1467 weilte er wieder in Bourges, im Oktober 1468 in Cambrai. Höhepunkt seiner diplomatischen Laufbahn war eine im Januar 1470 unternommene Reise nach Spanien.

Auch unter Karl VIII. blieb Ockeghem im Besitz aller Ämter. Am 8. August 1484 war er in Damme, am 15. August 1484 in Brügge, wo er durch ein Bankett geehrt wurde. Am 17. März 1487 vermachte er sein Eigentum dem Kapitel von Saint-Martin.

Ockeghem war als Mensch und als Musiker gleichermaßen geschätzt wie hervorragend. Es heißt, er habe sich im Verkehr mit Großen nie erniedrigt und sei gegenüber Leuten geringeren Standes nie anmaßend gewesen. Menschliche Güte sei ihm ein Bedürfnis gewesen, er habe sein ganzes Gut noch zu Lebzeiten an die Armen verteilt. Seine äußere Erscheinung muss imponierend und eindrucksvoll gewesen sein.

Johannes Tinctoris hat sein etwa 1476 geschriebenes Traktat De natura et proprietate tonorum Ockeghem und Antoine Busnoys als den führenden Komponisten seiner Zeit gewidmet. Um 1481 beschreibt Tinctoris Ockeghem als den hervorragendsten aller ihm bekannten Bassisten. Jean Molinet verfasste die Déploration Nymphes des bois, die Josquin Desprez vertont hat. Erasmus von Rotterdam dichtete ein Epitaph auf Ockeghem (Ergone conticuit) welches von Johannes Lupi vertont wurde.

Werke

Folgende Werke Ockeghems sind erhalten:

Messen

  1. Missa Au travail suis;
  2. Missa Caput;
  3. Missa Cuiusvis toni;
  4. Missa De plus en plus;
  5. Missa Ecce ancilla Domini;
  6. Missa Fors seulement;
  7. Missa Lhomme armé;
  8. Missa Ma Maistresse;
  9. Missa Mi-Mi (Quarti toni);
  10. Missa Prolationum;
  11. Missa Quinti toni;
  12. Missa Beata Progenies;
  13. Missa sine nomine I;
  14. Missa sine nomine II;
  15. Missa pro defunctis (Requiem);
  16. Credo sine nomine.

Motetten

  1. Alma redemptoris mater;
  2. Ave Maria;
  3. Intemerata Dei Mater;
  4. Salve Regina;
  5. Ut heremita solus.
  6. Deo Gratia

Weltliche Werke

  1. Altre Venus estés;
  2. Baisiés moy dont fort;
  3. Dun aultre amer;
  4. Fors seulement lactente;
  5. Fors seullement contre;
  6. Il Ne Men chault;
  7. Jen ay dueil;
  8. La Despouvreuse.;
  9. Laultre dantan;
  10. Les desléaulx ont la saison;
  11. Ma bouche rit;
  12. Ma Maistresse;
  13. Mort, tu as navré /Miserere;
  14. O rosa bella;
  15. Prenez sur moi vostre exemple;
  16. Presque transi;
  17. Quant de vous seul;
  18. Ques mi vida preguntays;
  19. Selle mamera /Petite camusette;
  20. Se vostre cuer eslongne;
  21. Tant fuz gentement resjouy;
  22. Ung aultre la.

Literatur

  • Clemens Goldberg : Die Chansons Johannes Ockeghems. Ästhetik des musikalischen Raumes (= Neue Heidelberger Studien zur Musikwissenschaft. Bd. 19). Laaber-Verlag, Laaber 1992, ISBN 3-89007-270-4.
  • Ernst Krenek: Johannes Ockeghem. Sheed & Ward, London 1953.
  • Armin Raab: Ockeghem, Johannes. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 17, Herzberg 2000, ISBN 3-88309-080-8, Sp. 1045-1047.
  • Philippe Vendrix (Hrsg.): Johannes Ockeghem (= Collection Épitome musical. Bd.1). Klincksieck, Paris 1998.
  • Wilh. Bäumker: Okeghem, Johannes in der Allgemeinen Deutschen Biographie (ADB), Bd. 24, S. 210216

Weblinks

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