Anatol Ugorski

Anatol Ugorski

geboren am 28.9.1942 in Rubzowsk, Sibirien, Russische Föderation

Anatol Ugorski

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Anatol Ugorski (ursprünglich russisch  / Anatoli Ugorski, wiss. Transliteration Anatolij Ugorskij; * 28. September 1942 in Rubzowsk, Sibirien) ist ein international bedeutender Pianist.

Leben

Anatol Ugorski kam als viertes von fünf Geschwistern zur Welt. 1945 zogen die Eltern nach Leningrad. Dort wurde er mit sechs Jahren in die an das Konservatorium angegliederte Spezialmusikschule aufgenommen, obwohl er nur singen und Xylophon spielen konnte. Nach dem Schulabschluss 1960 studierte er Klavier am Leningrader Konservatorium bei Nadeschda Golubowskaja. Bereits während des Studiums machte er durch viele Uraufführungen von Werken sowjetischer Komponisten auf sich aufmerksam. Die UdSSR hatte ihm manche Erstaufführung von Werken umstrittener Komponisten zu verdanken Arnold Schönberg, Alban Berg, Olivier Messiaen und Pierre Boulez.

Als er bei einem Leningrader Gastspiel von Pierre Boulez im Herbst 1968 (kurz nach dem Einmarsch von Truppen des Warschauer Pakts im Prager Frühling) begeistert applaudierte, mußte er sich vor einem Komitee verantworten; er solle die Beziehungen zwischen Schönberg und Lenin erklären. Da man ihn aufgrund seiner Liebe zur zeitgenössischen Musik für politisch unzuverlässig hielt, wurde er an der Fortsetzung seiner Karriere gehindert und für mehr als zehn Jahre dazu beordert, für die Jungen Pioniere zu spielen.[1]

In dieser vollkommenen künstlerischen Freiheit spielte er nur für sich.[2] Die wenigen Solokonzerte wurden bald zu einem Geheimtipp. Ugorski meinte sein bestes Scarlatti-Konzert vor Kindern in der Industriestadt Asbest gegeben zu haben.[2] Seine überfüllten Konzerte und seine wachsende Popularität brachten die Leitung des Leningrader Konservatoriums unter Druck, sodass er 1982 zum Professor berufen wurde.

Im Frühjahr 1990 wurden er und seine Frau von der radikalen nationalistischen und antizionistischen Pamjat-Bewegung angegriffen. Als seine damals sechzehnjährige Tochter Dina Ugorskaja massiv bedroht worden war, flüchteten die Ugorskis überstürzt und ohne ordnungsgemäße Papiere nach Ost-Berlin.[2] Fast zwei Jahre lebte die Familie in einer Flüchtlingsunterkunft. Von einem sowjetischen Dirigenten im September 1990 um Hilfe gebeten und von Ugorskis Diabelli-Variationen überwältigt, verhalf Irene Dische Ugorski zur Aufnahme dieses Beethoven-Werks bei der Deutschen Grammophon.[2]

Mit ihr begann 1992 für den mittlerweile fünfzigjährigen und bald eingebürgerten Pianisten eine internationale Karriere mit spektakulären Konzerten am Konservatorium von Mailand und bei den Wiener Festwochen. Als Solist oder mit führenden Orchestern wie WDR Sinfonieorchester Köln, Tschechische Philharmonie, Concertgebouw-Orchester, Orchestre de Paris und Chicago Symphony Orchestra gastiert er in der ganzen Welt und bei den wichtigsten Festivals.

Ugorski ist Professor für Klavier an der Hochschule für Musik Detmold. Als Juror wirkt er beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD und beim Internationalen Klavierwettbewerb Ferruccio Busoni.[1]

Einspielungen

Ugorski hat zahlreiche Klavierwerke des 19. und 20. Jahrhunderts auf CD veröffentlicht. Zu seinen bedeutendsten Aufnahmen zählen der Catalogue dOiseaux von Olivier Messiaen und Skrjabins Klavierkonzert mit dem Chicago Symphony Orchestra unter Pierre Boulez. Diese Aufnahme wurde 2000 für den Grammy nominiert. Mit seiner Tochter Dina Ugorskaja spielte er Zweiflügler von Bach, Mozart und Schostakowitsch. 2010 spielte er alle Skriabin-Sonaten ein (CAvi-musik).[1]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Mitteilung Dina Ugorskaja, 11. Juli 2011
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Irene Dische im Begleitheft zur CD mit Ugorskis Diabelli-Variationen (DG 435 615-2)

Weblinks

Normdaten: Personennamendatei (PND): 129234737 | Library of Congress Control Number (LCCN): n 80030949 | Virtual International Authority File (VIAF): 42032049
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 28.11.2011 22:47:40

Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Anatol Ugorski aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation.
In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.