Jethro Tull

Jethro Tull

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Jethro Tull
Gründung 1967
Genre Progressive Rock, Bluesrock, Folk Rock, Hard Rock
Website http://www.j-tull.com
Gründungsmitglieder
Gesang, Querflöte, Gitarre Ian Anderson
Gitarre Mick Abrahams (bis 1968)
Schlagzeug Clive Bunker (bis 1971)
E-Bass Glenn Cornick (bis 1970)
Aktuelle Besetzung
Gesang, Flöte, Gitarre Ian Anderson
Gitarre Martin Barre[1]
Gitarre Florian Opahle (seit 2012)[2]
Schlagzeug Doane Perry (seit 1985)
Bass David Goodier (seit 2007)
Keyboard John O'Hara (seit 2007)
Ehemalige Mitglieder
Gitarre Tony Iommi (1968)
Bass Jeffrey Hammond-Hammond (1971-1975)
Bass John Glascock (1976-1979)
Bass Tony Williams (1978-1979)
Bass Dave Pegg (1979-1995)
Bass Jonathan Noyce (1995-2007)
Keyboard John Evan (1970-1979)
Keyboard David Palmer (1976-1979)
Keyboard Eddie Jobson (1980-1981)
Keyboard Peter-John Vettese (1981-1987)
Keyboard Don Airey (1987)
Keyboard Martin Allcock (1988-1991)
Keyboard Andrew Giddings (1991-2007)
Schlagzeug Barriemore Barlow (1971-1979)
Schlagzeug Mark Craney (1980-1981)
Schlagzeug Paul Burgess (1981-1983)
Schlagzeug Gerry Conway (1981-1983, 1987)
Schlagzeug Dave Mattacks (1991-1992)
Streicher- und Orchester-
Arrangements
David Palmer (1968-1979)

Jethro Tull (kurz: Tull) ist eine Progressive-Rock-Band aus dem Vereinigten Königreich. Ständiges Mitglied und Bandleader ist der Komponist, Multi-Instrumentalist und Sänger Ian Anderson (Gesang, Querflöte, Saxophon, Tin Whistle, Mundharmonika, akustische Gitarre, Mandoline und andere).

Jethro Tull ist die einzige international erfolgreiche Rockband, in deren Musik die Querflöte eine tragende Rolle einnimmt. Aufgrund perfektionierter Techniken des forcierten Ausdrucks (etwa scharfes Anblasen, Zungenflattern, gleichzeitiger Stimmeinsatz) kann der musikalische Stil der Band der Rockmusik und teilweise auch der Hard Rock-Musik zugeordnet werden.

Bandgeschichte

1967 wurde Jethro Tull von Ian Anderson, Mick Abrahams, Glenn Cornick und Clive Bunker in Blackpool gegründet.

Anfangs wurde die Gruppe kaum gebucht, daher versuchte sie, mit wechselnden Namen Interesse zu wecken. So trat sie zeitweise unter der Bezeichnung The Four Fingers auf. Als sie das erste Mal im legendären Londoner Marquee Club gebucht wurde, hatte sie ein historisch versierter Buchungsagent gerade Jethro Tull genannt, und dabei blieb es dann.[3] Jethro Tull, der im 18. Jahrhundert lebte, gilt als Vater der modernen Landwirtschaft.

Am Beginn ihrer Laufbahn tourten Jethro Tull durch zahlreiche Musikclubs in England. Im Marquee Club spielte die Formation regelmäßig und fand aufgrund ihres ungewöhnlichen Sounds und ihrer extravaganten Performance schnell eine große Fangemeinde. Beim Sunbury Jazzfestival im Sommer 1968 kam der Durchbruch für Jethro Tull.

Von Anfang an waren sich die Musikkritiker darin uneins, welchem Musikstil Jethro Tull zuzuordnen sind. Teilweise wurde ihre Musik als Progressive Rock und teilweise als Classic Rock bezeichnet. Das erste Album This Was (1968) war noch sehr bluesorientiert, doch sind mit dem markanten Gesang und der Querflöte Ian Andersons bereits einige Aspekte des späteren Tull-Stils präsent. Nach dem Ausstieg des bekennenderweise sehr auf den Blues fokussierten Gitarristen Mick Abrahams, der auf dem Debütalbum etwa den gleichen Anteil am Songwriting hatte wie Ian Anderson, wurde das musikalische Spektrum deutlich erweitert. Exemplarisch sei die Adaption der Bourrée aus der Suite für Laute in e-Moll (BWV 996) von Johann Sebastian Bach genannt, die sich bereits auf dem zweiten Album Stand Up (1969) weit vom Bluesrock-Schema des Erstlings entfernt: Zunächst das Bach-Thema andeutend, entwickelt sich eine treibende, präzise Jazzrock-Nummer mit einem improvisationsdurchsetzten Flötensolo, das weder melodisch an Bach noch spieltechnisch an frühe Vorbilder wie Roland Kirk erinnert.

Eine der wenigen kommerziell erfolgreichen Single-Veröffentlichungen ist der frühe Song Living in the Past von 1969, welcher durchgängig im 5/4-Takt komponiert ist und vornehmlich durch diese ungerade Taktierung seinen besonderen Charakter erhält. Im selben Jahr tourte die Band mehrmals in den USA und wurde auch dort bekannt. 1970 erschien das Album Benefit.

Ihren größten Erfolg erreichte die Band mit dem ersten von drei in Folge erschienenen Konzeptalben, Aqualung (1971), das neben dem Titelsong einige weitere Tull-Klassiker enthält, allen voran den vielleicht bekanntesten Song der Band, Locomotive Breath. Anderson zweifelte an der Klassifizierung als Konzeptalbum durch die Musikpresse (just a bunch of songs; dt.: nur eine Ansammlung von Liedern) und entschloss sich daher zu demonstrieren, was ein wirkliches Konzeptalbum sei: Dem Nachfolgealbum Thick as a Brick (1972) liegt die musikalische Form der Suite zugrunde, bei der verschiedene musikalische Themen mittels variantenreicher Übergänge zu einer größeren musikalischen Einheit zusammengefasst werden. Mit A Passion Play wurde 1973 ein weiteres, kommerziell weniger erfolgreiches Konzeptalbum veröffentlicht. Die darauf erreichte Komplexität polarisiert bis heute Fans und Kritiker das Spektrum reicht von krasser Ablehnung bis zur Einschätzung als dem wichtigsten Album der Band. Die nachfolgenden Alben wurden wieder in Form einzelner Songs strukturiert, wobei bis 1980 (A) neben wenigen eingängigeren Liedern vor allem komplex arrangierte Stücke das Bild prägen, wohl nicht zuletzt aufgrund der detaillierten Spielweise der Schlagzeuger Barrie Barlow und Mark Craney.

Die Alben Songs from the Wood (1977), Heavy Horses (1978) und mit Abstrichen noch Stormwatch (1979) werden oft unter dem Etikett Folkrock-Phase zusammengefasst. Dies erscheint vordergründig aufgrund der weitgehend akustischen Instrumentierung und der Textbezüge zum Leben auf dem Land und zu Naturmythen nachvollziehbar, aber aufgrund der eigenständigen Kompositionen und der für die traditionelle Folkmusik eher untypischen Komplexität der Arrangements, vor allem auf Songs from the Wood, auch irreführend. Hinzu kam, dass ab Stormwatch auch zunehmend Politik eine textliche Rolle einnahm; so kritisierte besagtes Album die Ölförderung in der Nordsee, während das Folgealbum A (1980) mit Texten über Frühwarnanlagen und Zivilschutz Bezüge zur Atompolitik aufwies.

Seit 1982 ist der maßgebliche Schlagzeuger der Band Doane Perry. Nur phasenweise trommelten Gerry Conway, Dave Mattacks und andere. Perrys ruhiger und geradliniger, lyrischer Stil geht seitdem mit etwas konventionelleren Rock-Arrangements einher. Eine Ausnahme ist das wieder in hohem Maße polarisierende Album Under Wraps (1984). Der starke Einfluss des im Umgang mit den neuen digitalen Synthesizern versierten Keyboarders Peter John Vettese sowie ein von Ian Anderson programmierter Drum-Computer, der zum Teil zu Drumtracks führte, die ein menschlicher Schlagzeuger kaum reproduzieren kann, führten noch einmal zu einem (in Teilen) sehr komplex arrangierten Album. Entsprechend energetisch ist auch Ian Andersons Gesangsleistung, die dieser selbst in Interviews als die beste seiner Karriere bezeichnete. Fatalerweise stellten die neuen Stücke bei der anschließenden Tournee derartig hohe Anforderungen an Ian Andersons Stimmbänder, dass diese nachhaltig geschädigt wurden. Dies schränkte noch jahrelang die gesanglichen Möglichkeiten Andersons ein.

Das nach dem geteilten Echo und den Stimmproblemen erst 1987 erschienene Nachfolgealbum Crest of a Knave (üblich war bis dahin ein alljährliches neues Tull-Album) beendete die Phase eines keyboarddominierten Sounds und rückte das eindringliche E-Gitarren-Spiel Martin Barres stärker in den Vordergrund als auf allen bisherigen Alben. 1989 gewann Crest of a Knave den ersten und einzigen je vergebenen Grammy in der Sparte Beste Hard-Rock-/Metal-Darbietung Gesang oder Instrumental.

Als das innovativste Tull-Album der 1990er Jahre wird oft Roots to Branches (1995) betrachtet. Im Gegensatz zu den Jethro-Tull-Alben der frühen 1980er Jahre steht auf diesem Album Andersons Flötenspiel im Vordergrund. In zahlreichen Intros und Soli demonstriert Ian Anderson, dass er filigrane Phrasierungen und Verzierungstechniken beherrscht. Der Autodidakt hatte sich in die schulmäßige Griffweise beim Spielen der Querflöte, die klassisch ausgebildete Flötisten verwenden, erfolgreich eingearbeitet und kombiniert eine reine, klassisch anmutende Spielweise mit dem ihm eigenen, rauen Rock-Flöten-Stil. Zudem sind erstmals deutliche Einflüsse traditioneller orientalischer Musik zu hören, und erstmals verwendet Anderson bei einigen Stücken Bambus-Querflöten, deren offene Grifflöcher im Gegensatz zur Klappenmechanik der Böhm-Flöte Techniken wie Pitchbending und Glissando ermöglichen, bei denen die Tonhöhe stufenlos verändert wird.

1999 erschien das Album J-Tull Dot Com, das in den deutschen Charts Platz 14 belegte. Ende 2003 erschien das Christmas Album, für das ältere Stücke neu eingespielt wurden und neues Material passend zum Arbeitstitel geschrieben wurde.

Charakteristika der Band

Die Geschichte der Band ist geprägt durch oftmals wechselnde Besetzungen. Ian Anderson strebt es an, jeweils kompetente Musiker um sich zu scharen, die in der Lage sind, auch seine ausgefallenen, schwierig zu spielenden musikalischen Ideen adäquat umzusetzen sowohl im Studio als auch auf der Bühne. Die Live-Auftritte von Jethro Tull sind dementsprechend von großer musikalischer Professionalität gekennzeichnet. Den seit 1969 bestehenden Kern von Jethro Tull bilden Frontmann Anderson und Gitarrist Martin Barre.

Markenzeichen von Jethro Tull ist bis heute das virtuose rock-orientierte Flötenspiel von Sänger und Komponist Ian Anderson. Zahlreiche Kompositionen sind durch die Verwendung von Molltonarten, eine starke Dynamik, häufige Taktwechsel sowie vielfältige Synkopen und Offbeats geprägt. Allerdings gibt es bei Jethro Tull auch etliche balladeske Stücke, die aber durch einfallsreiche Instrumentierung und Phrasierung stets Tull-typische rockige Akzente erhalten. Viele der Texte Ian Andersons sind originell, teilweise skurril, und handeln bei aller Hintergründigkeit von alltäglichen Menschen und Begebenheiten.

Bandmitglieder

Mitglieder von Jethro Tull von 1967-2006

Gastmusiker

  • Phil Collins spielte bei zwei Stücken am 21. Juli 1982 Schlagzeug
  • Florian Opahle ist seit 2004 auf einigen Live-Mitschnitten zu hören und zu sehen
  • Maddy Prior sang auf der LP Too Old to Rock 'n' Roll: Too Young to Die! im Hintergrund
  • Angela Allen sang ebenfalls auf Too Old to Rock 'n' Roll: Too Young to Die! im Hintergrund
  • Anna Phoebe begleitet seit 2007 einige Lieder auf der Violine[4]
  • Egill Ólafsson von der isländischen Band Þursaflokkurinn sang beim Konzert am 9. Juni 2013 in der Harpa in Reykjavík bei mehreren Titeln mit und spielte bei One White Duck / 010 = Nothing at All zudem Gitarre. Außerdem wurde Brúðkaupsvísur, ein Þursaflokkurinn-Klassiker, gespielt, den Égill Ólafsson komponiert hat.

Auszeichnungen

  • Im Jahr 1989 gewann Crest of a Knave den ersten und einzigen Grammy für die beste Hard-Rock- oder Heavy-Metal-Darbietung (siehe auch: Grammy Award for Best Hard Rock/Metal Performance Vocal or Instrumental).
  • Im Jahr 2005 erhielten Ian Anderson und Martin Barre eine Auszeichnung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens der Italienischsprachigen Schweiz zur Ehrung ihrer meisterhaften Verschmelzung von Stilen und Werten traditioneller Musik mit zeitgenössischem Rock.[5]
  • Im Jahr 2006 erhielt Ian Anderson von der British Academy of Composers and Songwriters den Ivor Novello Award, eine Auszeichnung für herausragende Komponisten und Autoren im Bereich der nichtklassischen Musik.
  • Im Jahr 2008 wurde Ian Anderson für seine musikalischen Verdienste zum Member of the Order of the British Empire ernannt.[6]

Diskografie

Für die ausführliche Diskografie siehe Jethro Tull/Diskografie

Studioalben

  • This Was (1968)
  • Stand Up (1969)
  • Benefit (1970)
  • Aqualung (1971)
  • Thick as a Brick (1972)
  • Living in the Past (1972)
  • A Passion Play (1973)
  • War Child (1974)
  • Minstrel in the Gallery (1975)
  • Too Old to Rock n Roll: Too Young to Die! (1976)
  • Songs from the Wood (1977)
  • Heavy Horses (1978)
  • Stormwatch (1979)
  • A (1980)
  • The Broadsword and the Beast (1982)
  • Under Wraps (1984)
  • Crest of a Knave (1987)
  • Rock Island (1989)
  • Catfish Rising (1991)
  • Roots to Branches (1995)
  • J-Tull Dot Com (oder kurz Dot Com) (1999)
  • The Jethro Tull Christmas Album (2003)

Livealben
Chronologisch aufsteigend nach dem Zeitpunkt der Einspielung, nicht nach dem der Veröffentlichung:

  • Nothing Is Easy: Live At The Isle Of Wight 1970 (veröffentlicht 2005)
  • Bursting Out, 1978
  • Live at Madison Square Garden 1978 (veröffentlicht 2009)
  • Live at Hammersmith 84 (veröffentlicht 1990)
  • In Concert (At The Hammersmith Odeon, 8th October 1991) (veröffentlicht 1995)
  • A Little Light Music, 1992
  • Living With the Past, 2002
  • Live at Montreux 2003 (veröffentlicht 2007)
  • Aqualung Live, 2005
  • The Jethro Tull Christmas Album and Christmas at St Brides (2-CD-Set, zweite CD Live), 2008

Literatur

  • David Rees: Minstrels in the Gallery - Die Geschichte von Jethro Tull. Star Cluster Verlag Zimmermann, Balve, c 2001, ISBN 3-925005-60-9.
  • Didi Zill, Hermann Büchner: Jethro Tull. Die legendäre Band in Fotografien von 1969 bis 1984. Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-89602-462-0.
  • Karl Schramm: Jethro Tull Songbook. Palmyra Verlag, Heidelberg 1993, ISBN 3-9802298-5-8.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Martin Barre continues to record and tour with Jethro Tull."
  2. "Jethro Tulls neuer Mann: Florian Opahle" in: Gitarre & Bass, Nr. 7 2012, S. 38
  3. FAQ auf der Jethro-Tull-Website (englisch), abgerufen am 17. Juni 2012
  4. http://www.j-tull.com/musicians/index.html
  5. Die Übergabe ist dokumentiert auf der Konzert-DVD Passion Flute Live 2005.
  6. http://auralmoon.com/index.php?option=com_content&task=view&id=2526&Itemid=2
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Diese Seite wurde zuletzt geändert am 20.03.2014 14:20:07

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